Israel ertasten

Vor kurzem habe ich zum ersten Mal Israel besucht.
Eine eindrucksvolle, informative Reise in ein Land, das sich durch den anhaltenden Bevölkerungszustrom in einem permanenten Umbruch befindet, das gleichzeitig in dem Konflikt mit Palästinensern und arabischen Staaten gefangen zu sein scheint und das nicht zuletzt an die Gräuel erinnert, die Menschen anderen zugefügen können.

Die Reise begann in Tiberias am See Genezareth im Norden. In den ersten Tagen erhielten dort einige Ortsnamen ein Gesicht, derer ich mich nur noch blass aus dem Religionsunterricht in der Unterstufe erinnern konnte: Galiläa, Kana, Nazareth. Danach führte der Guide uns am Toten Meer entlang nach Jerusalem und Umgebung.

Hier ein paar Eindrücke.

Ein Fischerboot im Hafen von Akko. Im Hintergrund die Stadtmauer aus der Zeit der Kreuzritter, die von türkischen Herrschern vor gut 100 Jahren noch verstärkt wurde. Heute wird sie von Touristen belatscht.
Kana in Galiläa: die Katholische Hochzeitskirche steht an dem Platz,
wo Jesus Wasser in Wein verwandelt haben soll.
Die Kirche der Seligpreisungen am Mt. Beatitudes bei Tabgha am See Genezareth. Hier soll Jesus in der Bergpredigt seine vier, acht oder neun (je nach Überlieferung) Seligpreisungen vorgetragen haben.
Der See Genezareth liegt ca.200m unter dem Meeresspiegel. Das war beeindruckend erfahrbar, als der Bus bei der Anfahrt auf Tiberias von den galiläischen Bergen herunter rollte. Die Landschaft ist noch sehr grün, denn es hat bereits vier Wochen länger geregnet als in den Vorjahren, meinte unser Guide.
Dieses Haus ist übersäht mit Einschusslöchern aus dem 6-Tage-Krieg, die nicht ausgebessert werden.
In Safed tanzt der einheimische Fremdenführer vor der Touri-Gruppe ekstatisch zur Musik seines Smartphones, die er zeitweilig mit Blasen auf dem Schofarhorn untermalt.
Balkonien von unten – brutalistische Bauweise in Nazareth.
Die Taufstelle Jardenit bei Deganya am Jordan, die von Baptisten vor allem aus Amerika frequentiert wird. Die Täuflinge haben lange, weiße Gewänder erstanden und übergestreift. Der Täufer trägt schwarz und tauft paarweise – vermutlich aus Gründen der Ökonomie.
Die judäische Wüste in der Westbank lädt mit Stuhl zum Verweilen ein.
Checkpoint vor der Einfahrt nach Bethlehem. Unser Reisebus wurde tatsächlich nicht einmal bei einer der Grenzüberquerungen zum Autonomiegebiet auf der Westbank kontrolliert.
Die Mauer in Bethlehem zwischen Israel und palästinensischem Autonomiegebiet
steht irgendwie für die Zementierung eines Zustands, der nicht zukunftsfähig ist.
Der englische Streetart-Künstler Banksy hat übrigens viele Graffiti auf der Mauer gesprüht.
Tankstelle in Bethlehem – auch das ist immer noch Israel. Unser Guide erzählt zwar: „Die Palästinenser haben volle Autonomie.“ Doch die haben sie nur in dem von Israel definierten Rahmen. Der Anblick dieser Tankstelle vermittelt keinen Spaß an der Gegenwart.
Viele Gebäude im Autonomiegebiet erinnern mich an Gegenden östlich des ehemaligen deutschen eisernen Vorhangs.
Sie gehört einfach hierhin: Die Mauer, die keine Klagemauer ist, sondern zum Beten genutzt wird. Die Juden nennen sie einfach „Western Wall“, die westliche Stützmauer des Tempelbergs. Der Ausdruck Klagemauer stammt wohl eher aus dem Christentum, vermute ich.
Der Felsendom mit der Holzbrücke, die Touristen den Zugang durch das Maurentor zum Tempelberg gestattet – wenn nicht gerade Freitag oder Sabbat ist.
Eine trostlose Siedlung nördlich des Busbahnhofs von Jerusalem, in der hauptsächlich ultra-orthodoxe Juden wohnen und die einen ängstigenden Eindruck bei mir hinterlassen hat wegen ihres Anblicks und der sabbatlichen Grabesstille auf den Straßen in der Stadt. Es ist für mich inakzeptabel, wie eine Minderheit ihre Kultur und ihre Riten der übrigen Bevölkerung aufdrücken kann.
Diese Häuser liegen an der Jaffa St, über die der Verkehr von Tel Aviv hereinströmt: die Gegend heißt Jerusalem Gate. Dort wird kein Stein auf dem anderen belassen, sondern werden großflächig neue hohe Gebäude errichtet, deren Aussehen eher zu der im Hintergrund sichtbaren, „Weiße Harfe“ genannten Brücke passen soll.
Die Weiße Harfe (amtlich: Chords-Brücke), geplant von Santiago Calatrava und 2008 fertiggestellt. Ihre Konstruktion erinnert mich an einen Fischer, der sich weit zurücklehnen muss, um mit aller Kraft sein volles Netz ins Boot zu ziehen: traumhaft schön!

An der Brücke befindet sich nach meinem Anschein kein einziges rechtwinkliges Bauteil. Ein Meisterwerk der Baukunst.

Die Bewusstmachung von Gräueln: die Gedenkstätte Yad Vashem. Eigentlich verbietet es sich, von Yad Vashem Bilder in solchem Kontext zu zeigen. Besichtigen und sich dem Dargestellten aussetzen! Dieses Foto zeigt die Gedenkhalle.
 

Shalom